Chinesische Kultur

Chinatowns, chinesisches Neujahrsfest und chinesische Gärten

In Singapur und in Malaysia ist die chinesische Kultur allgegenwärtig. Kein Wunder: Über 3/4 der Bevölkerung in Singapur und ca. 1/4  in Malaysia sind Chinesen (in manchen Teilen sogar bis zu 70%).

Während unserer bisherigen Reise haben wir in einigen Städten (Singapur; Melaka und Kuala Lumpur in Malaysia) sogenannte Chinatowns besucht. Diese Viertel, in die zu Zeiten der Kolonalisierung tausende chinesische Arbeiter einzogen, sind heutzutage oft riesige Shopping- und Fressmeilen mit hunderten von Ständen. Hinter diesen lassen sich manchmal noch die traditionellen chinesischen Läden entdecken, in denen noch alte Handwerkskunst oder andere Dienstleistungen angeboten werden.


Anlässlich des chinesischen Neujahrs, das zwischen Ende Januar und Mitte Februar gefeiert wird, sind alle Läden und Shoppingcenter und auch die Wohnhäuser mit rot-goldenen Girlanden geschmückt und es gibt überall die typischen Neujahrs-Gebäcke und andere Leckereien zu kaufen. Und überall läuft chinesische Neujahrs-Musik!!  


In fast jedem Shoppingcenter finden Shows statt, oftmals sogenannte Dragon-Dances, in welchen mehrere Männer in (Drachen)Kostümen zum Teil akrobatische Darbietungen zum Besten geben. Drachen gelten in der chinesischen Kultur als Glückssymbol; je länger der Drache im Tanz ist, desto mehr Glück soll er der Gemeinschaft bringen.

Es wird angenommen, dass die Drachen über Eigenschaften verfügen, die große Macht, Würde, Fruchtbarkeit, Weisheit und Verheißung beinhalten. Das Tanzteam simuliert die imaginierten Bewegungen dieses Flussgeistes in geschwungener, wellenförmiger Weise.
[Wikipedia]

Hier und da haben wir auch Karaoke-Shows gesehen, in denen chinesische Neujahrslieder gesungen wurden.

Karaoke in einem chinesischen Tempel auf der Jonkerstreet in Melaka

Als wir uns noch etwas intensiver über die Chinatowns informiert haben, erfuhren wir, dass diese zu Zeiten der Kolonialisierung entstanden sind und damals eine Brutstätte von Kriminalität, Glückspiel, Prostitution und weiteren illegalen Aktivitäten waren. Es folgt ein historischer Exkurs.

[Anmerkung: teilweise ziemlich harte Kost, da wir hier vor allem die negativen Aspekte der britischen (und niederländischen) Kolonisation beschreiben; ansonsten einfach überspringen 🙂 ]

Im 18.Jahrhundert kolonialisierte das britische Empire viele Gebiete in Südostasien (und auch anderswo) aufgrund ihres Rohstoffreichtums und der zunehmenden Bedeutung für den Handel Europas mit China. Um genügend Arbeitskräfte für ihre Plantagen und Minen zu gewinnen, holten die Briten eine große Zahl Chinesen und Inder ins Land und legten so den Grundstein für den heutigen Vielvölkerstaat Malaysias/Singapurs. Wobei der Aufenthalt meist temporär gedacht war: Viele Immigranten, oft aufgrund von Hungersnot und in Hoffnung auf ein besseres Leben eingereist, wollten wieder zurück in ihre Heimat – natürlich mit Geld für sich und ihre Familien. Doch oftmals stellte sich das als Illusion heraus. Nach einer meist schrecklichen Seereise über das stürmische Südindische Meer in kleinen Gefäßen wie Vieh gestapelt, mussten sie teilweise in den Schiffsrümpfen noch ausharren, bis ein Auftragnehmer bereit war ihre Schulden anzunehmen. Dann wurden sie in ordentlich unterteilte Enklaven, die meist auf ethnischer Herkunft und Dialekt basierte, in oft nur wenige Meter große Kabinen, die sie sich teilweise mit anderen Männern und Familien teilten (abwechselnd arbeitend und entspannend) untergebracht. Die Lebensbedingungen waren extrem schlecht, es gab wenig Licht und Belüftung, noch Vorsorge für sanitäre Einrichtungen, was die sogenannten Coolies anfällig gegenüber übertragbarer Krankheiten machte. Die Bezahlung was so gering, dass sie kaum die Grundkosten decken konnten, zudem die Arbeiter ja auch noch was nach Hause schicken wollten. Für manche wurde Opium und Glückspiel („Opium der Hausfrauen“) die einzige Ablenkung ihres harten Arbeiterlebens (es gab keine Musik, Kinos o.ä.)…

Opiumraucher


Der Kolonialkapitalismus im 19. Jahrhundert war fast ausschließlich eine von Männern dominierte Angelegenheit und die meisten Bürokraten, Funktionäre und Soldaten, die mit und unter den Kolonialunternehmen arbeiteten, ebenso die asiatischen Immigranten, waren Männer. [1860 gab es 81 000 Einwohner in Singapur, mit einem Geschlechterverhältnis zwischen Mann und Frau von 14 zu 1.] Die unnatürliche Konstellation wurde als problematisch für die soziale Ordnung angesehen und führende Persönlichkeiten mussten sich mit der Frage befassen, wie die sexuellen Bedürfnisse und Neigungen so vieler Männer befriedigt werden konnten. Die Antwort war so simpel wie fatal: Prostitution wurde legalisiert und vor allem in den Hauptadministrationsstädten wurden Bordelle  für die überwiegend männlichen Offiziere und immigrierten Arbeiter aus China und Indien errichtet. 1882 gab es 2000 Prostituierte in Singapur, das entspricht einem Drittel der damaligen weiblichen Bevölkerung. Dieser Beschluss, aus praktischen Erwägungen heraus getroffen, zerstörte tausende Leben junger Immigrantinnen, die meist unter falschem Vorwand geholt und zum Verkauf ihres Körpers gezwungen wurden. Als 1927 viele Bordelle in Singapur geschlossen wurden, war dies weder Ergebnis moralischer Überlegungen, noch ein Anflug von Empathie, sondern vielmehr ein Ergebnis der technischen Entwicklung, die es immer mehr Frauen ermöglichte die kolonialisierten Länder zu bereisen. Aber auch die stärkere Verbreitung und Verschärfung der Rassenideologie spielte dabei eine Rolle.

In Singapur landeten wir zufällig in einem Viertel, welches auch heute noch als Rotlichtviertel (damals und heute immer noch mit klar definierten „Sündenmeilen“) bekannt ist. Hier und da gab es auch noch Sexshops, offiziell ist allerdings „abnormale“ bzw. „unnatürliche“ Sexualität“, wie z.B. Homosexualität und auch Prostitution in Singapur und in Malaysia verboten. (In Maylasia gibt es für öffentlichen sexuellen Verkehr Prügelstrafe und 20 Jahre Haft.)


Zum Abschluss noch ein paar Bilder von den zwei chinesischen Gärten die wir besichtigten: Ein wunderschöner Bonsaigarten im Westen Singapurs und der sehr alte Friedhof Bukit Cina in Melaka.

Comments

  1. Sehr Schöner blog, matthi + Johanna! Da Steckt echt viel Mühe und Arbeit drinne, die Texte sind richtig gut geschrieben und voller wissenswerter Infos! Macht richtig Spaß zu lesen!!! Die vielen Bilder verschaffen einen tollen Eindruck von eurer Reise.
    Viel Freude, Spaß und gute Laune bei weiteren Abenteuern und Entdeckungen am anderen Ende der Welt!
    Viele liebe Grüße aus der Heimat,
    Theo

  2. Ihr zwei beiden seid klasse! Vielen Dank für diese tollen Einblicke, an Orten, welche die meisten niemals zu Gesicht bekommen werden. Großes Kino!

  3. Das war wirklich interessant, vor allen Dingen wie und warum solche Chinatowns überhaupt entstanden sind, hab ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken darüber gemacht. Wir wünschen euch noch eine tolle Zeit und freuen uns auf das was noch kommt.
    Heiko mit Betti und Dana

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